Nimbin – Kulturelle Hauptstadt des Cannabis in Australien
Nimbin gilt als “kulturelle Cannabis-Hauptstadt” Ozeaniens (CC.jeffowenphotos)
Nimbin ist ein kleines Dorf im Norden des australischen Bundesstaates New South Wales, gelegen in den Bergen, nahe der Ostküste. Die Geschichte des Dorfes, das zu 100% aus Hippies besteht, beginnt im Jahr 1973, als ein Kunst- und Musikfestival gegen die Mainstream-Kultur stattfand: das Aquarius Festival, organisiert von der Australian Union of Students. Das Festival war an ein Publikum mit starkem Interesse an alternativen Denkweisen und nachhaltigen Lebensformen gerichtet. In der Regel wird es beschrieben als australisches Äquivalent zum Woodstock-Festival und Geburtsort der Hippie-Bewegung in Australien. Man schätzt, dass zwischen 5.000 und 10.000 Menschen teilgenommen haben. Das Festival war von dauerhafter Wirkung für die Wirtschaft von Nimbin, da viele der Besucher sich entschieden zu bleiben und sich niederzulassen sowie Kommunen und andere Gemeinschaften auf der Suche nach einem “alternativen Lebensstil” gründeten, der eindeutig geprägt war von der Jugendbewegung der sechziger Jahre, die in diesem kleinen beschaulichen australischen Dorf die Zeit überdauert zu haben scheint.
Seitdem zeichnet sich Nimbin durch seine führende Stellung in seinen Umweltinitiativen aus, wie etwa der Permakultur, der Nachhaltigkeit und Selbstversorgung – sowie durch die Cannabis-Gegenkultur. In Literatur und Medien ist Nimbin bezeichnet worden als “kulturelle Hauptstadt des Cannabis” der Region Ozeaniens und als “soziales Experiment”. Nimbin ist pure Farbe. Der Regenbogen ist in jedem Winkel dieser kleinen australischen Gemeinde zu sehen. Sie ist zur Ikone der Kulturgeschichte Australiens geworden, und viele der Werte, die die Gegenkultur dort zum ersten Mal eingeführt hat, sind nun Bestandteil der heutigen Kultur Australiens.
Eine der größten Forderungen und Anziehungspunkte für den Tourismus an diesem Ort ist die Legalisierung von Cannabis. Obwohl in New South Wales der Anbau, Besitz oder Verkauf von Cannabis gesetzlich unter Strafe steht, scheint Nimbin von dieser Strafe freigesprochen zu sein. Cannabis wird auf offener Straße gekauft, verkauft und konsumiert, und wenn ein Polizeiwagen naht, so hört man in der ganzen Straße den Schrei “Taxi!” als Alarmruf, um vor der Anwesenheit der Gesetzeshüter zu warnen. Ganz wie in Amsterdam findet man Coffee-Shops, wo man Cannabis konsumieren kann; Grow-Shops und alternative Läden, die die unterschiedlichsten Hanfprodukte verkaufen: Textilien, Kosmetik, Lebensmittel, etc. – natürlich zu medizinischen Zwecken.
Trotzdem waren die polizeilichen Maßnahmen gegen den Drogenhandel in Nimbin über die Jahre sehr unterschiedlich ausgeprägt; im Großen und Ganzen waren sie auf das Unter-Strafe-Stellen des Besitzes gemünzt, sowie auf energische Maßnahmen gegen den Vertrieb von Marihuana. Sowohl die Polizei als auch die Bundespolizei waren allerdings nicht in der Lage, die Prävalenz des Cannabis-Konsums in diesem Dorf einzudämmen oder auch nur signifikant zu senken.
Mardi Grass wird in Nimbin seit 1993 am ersten Mai-Wochenende gefeiert. (CC.m.a.r.c.)
Gleichwohl zeichnet sich Nimbin durch den Cannabis-Aktivismus aus, dessen bedeutendster Ausdruck die traditionelle Feier des jährlichen Festivals MardiGrass ist, und das seit mehr als ein paar Jahrzehnten. Dieses Festival wird seit 1993 am ersten Mai-Wochenende als Teil des Global Marijuana March gefeiert, um für das Ende des Cannabis-Verbots in Australien mittels einer Reform der diesbezüglichen Gesetze zu mobilisieren und zu demonstrieren. Die Mitglieder der Hemp Embassy (vormals “Nimbin Hemp”) entschieden, diesen friedlichen Protest in einem nicht-konfrontativen Rahmen, an dem alle in Ruhe teilnehmen können sollten, am 1. Mai 1993 zu organisieren. Das diesjährige MardiGrass-Festival 2015 hat sich hauptsächlich auf die medizinische Cannabis-Nutzung konzentriert.
Wie der Cannabis Cup in den Niederlanden wird der Cannabis Cup von Australien während des MardiGrass-Festivals abgehalten, um die verschiedenen Cannabis-Sorten zu beurteilen, die die Züchter vorstellen. Ebenfalls werden während des Festivals die Olympischen Cannabis-Spiele veranstaltet, in deren Rahmen neben einem Bong-Weitwurf und einem Joint-Dreh-Wettbewerb ein “Ironman”-mäßiger Wettkampf stattfindet, bei dem die teilnehmenden Züchter große Säcke Dünger ziehen müssen.
Mehr Cannabis-Kultur in Australien
Das Ziel der Hemp Embassy ist die Reform der gesetzlichen Situation von Cannabis in Australien (CC.Nicki Fernades)
Die australische Cannabis-Gemeinde ist sehr breit gefächert, weshalb es eine Vielzahl an Initiativen unterschiedlicher Couleur im Land gibt. Die Hemp Embassy (Hanf-Botschaft) aus Nimbin ist ein Verein ohne Erwerbszweck, gegründet 1992 unter dem Namen Nimbin Hemp. Die Ziele der Botschaft sind die Gesetzesreform in der Cannabis-Frage durch ein Bildungsprogramm für die Gemeinde über Hanf- und Cannabisprodukte, sowie Werbung für mehr Toleranz und Mitgefühl unter den Menschen im Allgemeinen. Dieser Verein organisiert jedes Jahr das MardiGrass-Festival in Nimbin sowie viele weitere Bildungs-, Informations- und Festivalaktivitäten, deren Ziel die Gesetzesreform der Cannabis-Frage ist.
Die Help End Marijuana Prohibition (HEMP) Party ist eine australische politische Partei mit Sitz in Nimbin. Die zentralen Ziele der HEMP Party sind die Entkriminalisierung sowohl des Besitzes geringfügiger Mengen von Cannabis als auch des Anbaus für den Eigenbedarf, sowie die Legalisierung von Cannabis für die medizinische Nutzung. Ihre Tätigkeit ist auf die drei Facetten der Pflanze gerichtet: der persönliche oder freizeitliche Aspekt, der industrielle und der medizinische. Die Gruppe wurde 1993 von Nigel Quinlan gegründet, der sich als Kandidat Nigel Freemarijuana zur Wahl stellte. Die HEMP Party hat ohne rechten Erfolg verschiedene Kandidaten für die bundesstaatlichen und nationalen Wahlen aufgestellt und außerdem Probleme bei der Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Register für politische Parteien Australiens gehabt.
Für die Informationssuche gibt es in Australien Portale und Online-Communities wie ozstoners.com und 420australia.com sowie Print- und Online-Medien wie StickyPoint Magazine, die aktuelle Infos über Cannabis in Australien anbieten, mit einer großen Bandbreite an Neuigkeiten und Themen über industriellen Hanf und medizinischen Cannabis bis hin zu Themen wie Schadensreduzierung, Gesetze und Politik bezüglich der Cannabis-Frage, Verbot, Anbau von Cannabis, Ethnobotanik, Kochen mit Cannabis, Bücher, Filme, etc…
Die Infos und die in der australischen Cannabis-Community diskutierten Themen sind so unterschiedlich wie im Rest der Welt – so unterschiedlich wie die Auswahl an Artikeln, die du täglich in diesem Blog finden kannst. Die Cannabis-Weltgemeinde bewegt sich zusammen in eine Richtung, und es sind schon drei Kontinente, auf denen sich ein neues Szenario für Cannabis abzeichnet.