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Kritik von Medizinern

  • „Cannabis wirkt nicht so toll, wie viele denken“
    Das Kabinett in Berlin will, dass Schwerkranke künftig leichter Cannabis aus der Apotheke bekommen. Palliativmediziner Lukas Radbruch erklärt im FAZ.NET-Gespräch, warum er den Gesetzesentwurf kritisch sieht.


    Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft lehnt den Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit ab, der Schwerkranken den Zugang zu Cannabis erleichtern soll. Weshalb begrüßt die Kommission dann die Erleichterung der Cannabistherapie im Grundsatz?
    Ich verschreibe Cannabistherapien schon seit Jahren. Diese Medikamente in Tropfen- oder Tablettenform können bei etlichen Beschwerden wie zum Beispiel Multipler Sklerose helfen. Mit dem neuen Gesetz müssen Krankenkassen dann die Kosten übernehmen, das ist gut. Die Wirkung von [lexicon]THC[/lexicon] ist aber nicht so toll wie das viele denken. Cannabis ist schließlich ein schwaches Opiat und hilft gerade schwerkranken Patienten nicht immer weiter. Es gibt zwar einige, bei denen das [lexicon]THC[/lexicon] gut wirkt, bei vielen Patienten funktionieren andere Medikamente jedoch wesentlich besser.
    Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Patienten erst ein Jahr lang mit anderen Arzneimitteln behandelt werden müssen, bevor ihnen Cannabis zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden darf. Macht das Sinn?
    Das kritisiert die Ärzteschaft. Vermutlich ist das eine Maßnahme, damit das neue Gesetz nicht missbraucht wird, macht aber bei Palliativpatienten, die nicht mehr lange leben, überhaupt keinen Sinn. Bis diese das Cannabis bekommen, sind die schon tot.



    © DPA, REUTERSSchwerkranke sollen Cannabis in der Apotheke bekommen
    Denken Sie, dass es bei dem Gesetzesentwurf eher darum geht, den Eigenanbau von Cannabis zu vermindern und den Schwarzmarkt zu verkleinern, als chronisch kranken Patienten zu helfen?
    Was man nicht will, ist eine Legalisierung des Eigenanbaus, wie das in Kanada der Fall ist. Es dürfen bei diesem Gesetz ja nur bestimmte Bauern das Cannabis anbauen. Man muss wissen, dass es beispielsweise in den Niederlanden, wo der Anbau von Medizinalhanf erlaubt ist, immer wieder zu Pilzinfektionen kommt. Wenn man solches Cannabis raucht, kann das bei den Patienten zu Lungenerkrankungen führen. Hanfblüten zu inhalieren birgt eben auch Risiken. [lexicon]THC[/lexicon] in Tropfen- oder Kapselform ist da unbedenklicher. Die Inhaltsstoffe sind bekannt und genau dosiert. Cannabismedikamente verschreiben Ärzte in Deutschland ja schon seit der Anpassung des Betäubungmittelgesetzes von 1999. Die aktuelle Diskussion kommt mir vor, als ob wir darüber reden, dass das Aspirin teuer wird und die Patienten deshalb Baumrinden ablecken sollen. (Anm. d. Red.: Rindenstücke von Weidenzweigen enthalten den Wirkstoff Salicin, woraus Aspirin hergestellt wird)
    Also viel Lärm um nichts?
    Schon ein bisschen. Es ist mir unerklärlich, weshalb diese Debatte so viel Aufmerksamkeit erhält. Es geht schließlich nur um eine kleine Patientengruppe. Ich glaube, der Aufwand, der mit diesem Gesetzesentwurf betrieben wird, ist unverhältnismäßig groß.
    Patienten, die vom neuen Gesetz profitieren, müssen an einer Begleitforschung, die den medizinischen Nutzen genau erfasst, teilnehmen. Ist das ethisch vertretbar?
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    Jemanden zu zwingen geht gar nicht, das ist überhaupt nicht vertretbar. Das ist auch mit dem Gesetz nicht vereinbar. Es geht hier aber weniger um eine Begleitforschung, sondern mehr um Qualitätssicherung. Das ist auch im Interesse des Patienten.
    Bringt der Gesetzesentwurf mehr Vor- oder mehr Nachteile?
    Das finde ich schwierig zu sagen. Das Gesetz ist ein guter Versuch, die Cannabistherapie zu erleichtern. Schmerz- und Palliativpatienten müssen aber aufpassen, dass der neue Gesetzesentwurf nicht zu ihren Lasten ausfällt. Die Patienten sollten dann nicht Cannabis bekommen, wenn es bessere Alternativen gibt.


    Quelle: Cannabis-Gesetzesentwurf erntet Kritik von Medizinern

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