Cannabis: Neue Wege gehen!
Cannabis-Verbotspolitik verändern, regulierte Abgabe durch Modellprojekteermöglichen!
Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion
Nach der Zulassung von Cannabis als Medizin bestimmt weiterhin in der Drogenpolitik insgesamt dieFrage des Umgangs mit Cannabis die politischen Debatten. Angestoßen von Staatsrechtsprofessoren,die die negativen Wirkungen des deutschen Betäubungsmittelrechts klar benennen, begann 2014eine erneute Diskussion über den Umgang mit Cannabiskonsum, die bis heute anhält. Im Rahmen desArbeitskreises Drogenpolitik bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) wurde 2015 eineverantwortungsbewusste und zeitgemäße Cannabis-Politik erörtert. Gemeinsam mit Politiker*innenunterschiedlicher Politikfelder sowie Expert*innen aus Wissenschaft und Behörden haben sie dieseim Positionspapier „Neuen Wege einer sozialdemokratischen Drogenpolitik“ beschrieben.Hierbei ging es um die Entkriminalisierung der Konsument*innen mittels der Option einer reguliertenCannabis-Abgabe an Erwachsene in Deutschland.
Insbesondere die derzeitige Kriminalisierung der Konsument*innen macht die Schwäche derbisherigen Cannabispolitik aus. Denn: Weder Verbot noch Strafverfolgung führten bis dato zumRückgang des Cannabiskonsums! Im Gegenteil: Der Cannabiskonsum steigt vielmehrununterbrochen. Zudem führen die repressiven Maßnahmen aktuell dazu, dass Menschengesellschaftlich stigmatisiert und durch soziale Ausgrenzung vielfach nicht erreicht werden können.Präventive Ansätze prallen dagegen oftmals gegen eine Mauer des Abstreitens und Leugnens. DieVerbotspolitik bindet darüber hinaus enorme finanzielle und personelle Ressourcen, die an andererStelle bei Justiz und Polizei fehlen.Die Verfasser des FES-Papiers sind daher der Ansicht, dass der Versuch einer regulierten Abgabe anErwachsene, das Zurückdrängen des Schwarzmarktes bewirkt, die Verbesserung des Jugend- undVerbraucherschutzes hervorbrächte sowie die Möglichkeiten der Präventionsarbeit auf ganz neueFüße stellt.
Die Einschätzungen dieses Arbeitskreises werden auch immer mehr in der öffentlichen Debatte, aberauch auf verschiedenen politischen Ebenen geteilt, wie Positionspapiere der Deutschen Hauptstellefür Suchtfragen (DHS) oder der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zum Thema zeigen. Die bayerische SPD hatbereits 2015 die SPD-Bundestagsfaktion aufgefordert, den Besitz von Cannabis zu entkriminalisierenund die SPD in Nordrhein-Westfalen hat in ihrem Programm zur Landtagswahl 2017 eine generelle„Entkriminalisierung von Suchtabhängigen“ beschlossen.
Für die SPD-Bundestagsfraktion steht der wirksame Gesundheitsschutz für Konsument*innen, die Stärkungvon Beratung und Prävention, bestmöglicher Kinder- und Jugendschutz, Kriminalitätsbekämpfung undRechtssicherheit im Vordergrund einer neuauszurichtenden Drogenpolitik.
Sie greift daher den Wiesbadener Parteitagsbeschluss von 1993, den eigenen Gesetzentwurf von Dezember1996 und den Beschluss aus NRW sowie aus den Landesverbänden Bayern, Berlin und Bremen auf
Die SPD-Bundestagsfraktion tritt dafür ein, im ersten Schritt Modellprojekte zur reguliertenAbgabe von Cannabis an Erwachsene zu ermöglichen.
Wir sehen in der regulierten Cannabis-Abgabe an Erwachsene in Deutschland eine gute Chance für eineerfolgreiche Cannabis-Politik, die idealerweise durch eine zeitgleiche Stärkung von Prävention undFrühintervention sowie Beratung und Behandlung unterstützt wird. Modellprojekte, die unterschiedlicheWege der regulierten Abgabe von Cannabis auch jenseits der medizinischen Nutzung ermöglichen, könnenhelfen hier den richtigen Weg zu finden.
Eine Vielzahl von Landesregierungen und Städten haben bereits Anträge gestellt, um in Modellprojektendie regulierte Abgabe erproben zu können, sind aber bisher immer am Einspruch des Bundesinstituts fürArzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gescheitert
Wir sind der Überzeugung, dass es den Kommunen freigestellt werden muss, ob sie entsprechendeModellprojekte ermöglichen wollen oder nicht. Wir wollen deshalb den Ländern die Möglichkeiteinräumen, den Kommunen die Erlaubniszuständigkeit zu übertragen, so dass Modellprojekten zurkontrollierten Cannabis-Abgabe auf kommunaler Ebene nichts mehr im Wege steht.
Um kurzfristig bereits Verbesserungen zu erreichen, setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion dafür ein, denBesitz von kleinen Mengen von Cannabis nicht weiter strafrechtlich zu verfolgen, sondern zukünftigordnungsrechtlich zu ahnden.
Die Kriminalisierung der Konsument*innen ist eine zentrale Schwäche der bisherigen Cannabispolitik. Sieführt zu einer gesellschaftlichen Stigmatisierung von Konsument*innen und erschwert oder verhindert sopräventiv beratende und therapeutische Bearbeitung problematischer Konsummuster. Die dafüreinzusetzenden hohen finanziellen und personellen Ressourcen fehlen zudem in der Verfolgung undAhndung wirklicher Kriminalität. Weder Verbot noch Strafverfolgung konnte Cannabiskonsum verhindern,er steigt sogar seit Jahren an.
Es ist Zeit zu handeln!
( Allerdings: Im Koalitionsvertrag, den SPD und Union für diese Legislaturperiode beschlossen haben, ist von einer Cannabis-Freigabe keine Rede. )