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Jugendrichter: Verbot von Cannabis produziert vor allem OpferDer Boulevard bezeichnet ihn als „härtesten Jugendrichter Deutschlands“, seine Urteile erregen Aufsehen. Das wichtigste Anliegen von Andreas Müller: Die Abschaffung des Cannabis-Verbots. Er sieht sich bald am Ziel.
Ein Richter, der Cannabis legalisieren will. Wie verbreitet ist diese Forderung in Ihrem Kollegenkreis?
Ich denke, dass viele meiner Kollegen auch für eine Legalisierung sind. Aktuell kriminalisieren wir Konsumenten ohne Sinn und Verstand. Ich bin nun mal ein Vorprescher und als Jugendrechtler dem Jugendschutz verpflichtet.Die Legalisierung von Cannabis dient dem Jugendschutz?
Ich bin fest davon überzeugt, dass eine andere Art des Umgangs mit Cannabis letztlich viel mehr Jugendschutz schafft als das, was wir momentan machen. Wir haben in den vergangenen 40 Jahren über eine halbe Million junger Menschen inhaftiert. Alle diese Menschen sind Opfer der Cannabiskriminalisierung. Die gegenwärtigen Gesetze sind für den Jugendschutz kontraproduktiv.Neben dem Jugendschutz: Welche Argumente sprechen für die Legalisierung von Cannabis?
Aus meiner Sicht reicht aus, dass alle Argumente der Verbotsbefürworter absolut nicht mehr tragbar sind. Die Einstiegsdrogentheorie vertritt weltweit kein Wissenschaftler mehr. Die Annahme des Konsumanstiegs ist ebenfalls widerlegt, spätestens seit dem Modellversuch Holland. Die Gefahr der Psychosen besteht zwar in Einzelfällen, allerdings können die auch vor dem Cannabis-Konsum bereits bestanden haben, die jetzigen Regeln schützen die dafür anfälligen Menschen auch nicht. Es gibt einfach keine Argumente mehr für die Prohibition. Dagegen stehen aber Hunderttausende Opfer, die wir kriminalisiert haben und das weiter tun.Sie setzen sich bereits seit vielen Jahren intensiv für die Legalisierung ein. Warum?
Der Hintergrund ist, dass mein Bruder wegen des Handels mit Cannabis ins Gefängnis gekommen ist. Er wurde stigmatisiert, genau wie viele andere, mich eingeschlossen, die früher mal gekifft haben. Hauptsächlich ist es die Brudergeschichte und mein Glaube an die Freiheit.Gerade diese „Brudergeschichte“ bringt Ihnen häufig den Vorwurf ein, in der Sache befangen zu sein. Wie entgegnen Sie dem?
Mein Bruder war heroinabhängig. Wenn ich irgendwie von der Einstiegsdroge Cannabis überzeugt wäre, würde ich ja genau das Gegenteil forcieren. Meinen Bruder hat die Cannabis-Kriminalisierung kaputt gemacht.Warum dauert es in Deutschland so lange, ehe sich in der Frage etwas bewegt?
Weil es ideologisch besetzt ist. Weil auch die Sozialdemokraten das Wort ‚sozial’ wieder viel mehr in den Mittelpunkt stellen müssen. Sozial ist es, kranken Menschen Cannabis auf Rezept zu geben. Sozial ist es, Opfer zu vermeiden und nicht Opfer zu schaffen. Sozial ist es auch, Kriminalität einzudämmen. Wir schaffen Kriminalität dadurch. Und sozial ist, die Ressourcen da hin zu verlagern, wo sie hingehören. Zur Bekämpfung von Intensivtätern, zur Bekämpfung von Schlägern, zur Bekämpfung von Einbruchsdiebstählen.Wie beurteilen Sie die Debatte innerhalb der SPD und den jüngsten Vorstoß des Arbeitskreises Drogenpolitik?
Er ist großartig! Weil die Sozialdemokraten ganz ganz wichtig sind. Sie hätten vielleicht viel eher schon kommen müssen. Wenn jetzt ein Arbeitskreis kommt und für eine Regulierung wirbt, kann das einen Dammbruch geben. Ich baue da auf die Sozialdemokraten.Wie lange wird es noch dauern, bis Ihre Forderungen Realität werden?
Fünf Jahre. Ich denke in der Mitte der nächsten Legislaturperiode, egal welche Koalition da ist, wird man sich dieses Themas mit einer vernünftigen Sichtweise annehmen.
Quelle:
Vorwaerts
Kommentar meinterseits:
Jeder, der ihn nicht kennt, sollte sich schleunigst über ihn Informieren. Er vertritt, meiner Meinung nach, sehr interessante Ansichten was die legalisierung anbetrifft..
Der DHV hat dazu ein Interview mit ihm online gestellt, worin es zwar auch um sein Buch geht, aber er nochmal seine Standpunkte dalegt.
Ebenfalls sehr empfehlenswert!