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Medizinalhanf wird verschreibungsfähig
[Blockierte Grafik: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/clear.gif]Von Stephanie Schersch / Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will Schmerzpatienten den Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtern. Wie aus einem Gesetzentwurf hervorgeht, sollen Ärzte Medizinalhanf künftig regulär über ein Betäubungsmittelrezept verordnen können. Auch der kontrollierte Anbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken wird in Deutschland demnach künftig möglich sein.
Heute können Patienten nur sehr begrenzt Cannabis zu therapeutischen Zwecken nutzen. Ärzte können hierzulande das Fertigarzneimittel Sativex® (Cannabis-Dickextrakt) verschreiben, ebenso die Präparate Marinol® (Dronabinol) und Cesamet® (Nabilon), die Apotheken aus den USA und Kanada importieren müssen. Dronabinol gibt es zudem als Rezeptursubstanz. Der Wirkstoff kann allerdings wie Nabilon nur im Rahmen eines sogenannten individuellen Heilversuchs zum Einsatz kommen. Die Kosten tragen die Versicherten dabei meist selbst.
Sondergenehmigung
In Ausnahmefällen können Patienten zudem Medizinalhanf aus der Apotheke erhalten. Dafür benötigen sie allerdings eine entsprechende Sondergenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Die Behandlung erfolgt dann als ärztlich begleitete Selbsttherapie in der Regel auf eigene Kosten. Meist inhalieren Patienten den Cannabisextrakt, einige rauchen aber auch die Blüten oder brühen sie zu einem Tee auf.
Laut Bundesgesundheitsministerium kommt Cannabis vor allem in der Behandlung von Schmerzpatienten immer häufiger zum Einsatz. Anfang Oktober 2015 besaßen demnach 527 Personen eine entsprechende Erlaubnis des BfArM. Die soll nun in Zukunft gar nicht mehr nötig sein. Nach dem Willen des Gesundheitsministers können Ärzte bald regulär Cannabisblüten und -extrakt auf einem BtM-Rezept verschreiben, wenn sie eine solche Therapie für erforderlich halten.Die Patienten können die Verordnung dann in der Apotheke einlösen und erhalten die Droge dort in kontrolliert pharmazeutischer Qualität. Bislang müssen auch Apotheken eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM vorweisen, wenn sie Medizinalhanf einkaufen und an Patienten abgeben. Diese Pflicht soll ebenfalls wegfallen.
In »eng begrenzten Ausnahmefällen« sollen künftig zudem die Krankenkassen die Kosten für eine Therapie mit Cannabis übernehmen. Dem Gesetzentwurf zufolge gilt das für Versicherte mit einer schweren chronischen Krankheit, sofern für die Behandlung keine allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Alternative zur Verfügung steht. Darüber hinaus muss eine »nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome« bestehen.
Der Patient muss sich zudem verpflichten, an einem Forschungsvorhaben zum Einsatz entsprechender Arzneimittel teilzunehmen, das bis Ende 2018 laufen soll. Die Ergebnisse dieses Projekts soll schließlich der Gemeinsame Bundesausschuss auswerten und bis Mitte 2019 endgültig festlegen, unter welchen Voraussetzungen die Kassen für die Kosten einer Cannabis-Therapie ab August 2019 aufkommen.
Wie für andere Betäubungsmittel auch soll das Gesetz für Cannabis eine maximale Verschreibungsmenge festlegen. Höchstens 100 000 Milligramm dürfen Ärzte ihren Patienten demnach innerhalb von 30 Tagen verordnen. Abweichen können sie davon nur in Sonderfällen.Kontrollierter Anbau
Mit dem Gesetzentwurf will die Koalition darüber hinaus in Deutschland den kontrollierten Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken ermöglichen. Derzeit beziehen deutsche Apotheken Medizinalhanf häufig aus den Niederlanden. Das BfArM soll hierzulande künftig die Aufgaben einer sogenannten Cannabisagentur übernehmen, an die alle deutschen Anbauer die gesamte Ernte abliefern müssen. Den voraussichtlichen Bedarf an Medizinalhanf soll das Institut im Vorfeld festlegen und den Auftrag zum Anbau im Rahmen einer Ausschreibung an Produzenten mit einer entsprechenden Genehmigung vergeben.
Auch die Abgabepreise für Cannabis gibt die Behörde vor. Nach der Ernte soll das BfArM die Pflanzen aufkaufen und anschließend insbesondere an Apotheken, Arzneimittelhersteller oder Großhändler vertreiben. Den Eigenanbau von Cannabis durch Patienten lehnt das Bundesgesundheitsministerium hingegen strikt ab. Das komme »aus gesundheits- und ordnungspolitischer Sicht nicht in Betracht«, heißt es. /
Quelle:
Pharmazeutische Zeitung