Knarz, Afghanischer Spinat, Lachtabak oder einfach Gras: Die leichte Droge hat zahllose Namen und wird vielerorts konsumiert. Auch in Hall finden sich Anhänger der Legalisierungsbewegung.
Am markantesten ist der Geruch. Als Tim (Name von der Redaktion geändert) die schwarze Dose aus seiner Jacke zieht, bleibt kein Zweifel, was sich darin verbirgt. Kurze Zeit später saugt er genüsslich den Rauch ein. Es knistert, er schließt die Augen - dann erleichtertes Ausatmen: "Ein gutes Gefühl", erklärt er mit einem Lächeln auf den Lippen. Heute ist es sein erster Joint. Marihuana gehört schon lange zum Alltag des 30-Jährigen, der die "Hanffreunde" in Hall mitgegründet hat.
Als Verein möchten sie nicht bezeichnet werden - sie seien eine Gruppe von Aktivisten, erklärt Tim. Fünf Interessierte treffen sich regelmäßig im Raucherraum einer Haller Kneipe. Die Grasjünger haben sich im Dezember formiert. Sie stehen für die Legalisierung der leichten Droge Cannabis.
Tims Liste an Argumenten ist beinah so lang wie seine Dreadlocks. Er erläutert: "Bei vielen steckt noch das 'Teufelszeug-Image' in den Köpfen, das uns eingetrichtert wurde." Er bemängelt, dass sich viele Gegner nie mit Hanf beschäftigt hätten.
Oft werden bei den Gefahren Psychosen und "Gras als Einstiegsdroge" genannt. "Großteils Quatsch", meint der 30-Jährige. Ein Beispiel: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wies nach, dass der Konsum keinen bleibenden Einfluss auf die Gehirnentwicklung habe. Tim ist sich sicher: Alkohol und Tabak seien zumindest nicht harmloser.
Tim spricht außerdem aus eigener Erfahrung. Bei ihm gehört der "Dübel" zum Tag dazu. "Psychisch verändert hat mich der Konsum nicht, und auch zu härteren Drogen habe ich nie gegriffen." Im Gegensatz zu einer Flasche Wodka behalte man beim Joint außerdem die Kontrolle über sich. Er rauche meist alleine und beziehe den Stoff stets vom selben Kumpel.
Ein ganz anderes Anliegen verfolgt Mitgründer Felix (Name von der Redaktion geändert). Der 23-Jährige mit dem Hanfblatt-Shirt behauptet, noch nie gekifft zu haben. "Mir geht es um meinen Opa", stellt er klar. Der sei vor einigen Jahren an Speiseröhrenkrebs erkrankt. Felix ist sicher, dass eine Cannabis-Therapie ihm helfen könnte. "Nicht nur, dass es die Schmerzen lindert, es regt auch den Appetit an. Mein Opa isst nicht mehr gerne", erklärt er. Zwar ist medizinisches Marihuana in Deutschland beziehbar, "aber bei dieser Menge an Bürokratie und Auflagen grenzt das an unterlassene Hilfeleistung", meint der Öhringer.
Früher wurde Marihuana als "Knaster" geraucht
Die Legalisierung von Cannabis soll kommen, da sind sich beide einig. "Was wenige wissen", meint Felix, "vor dem 20. Jahrhundert war Cannabis-Konsum normal. Knaster nannte man es, weil die Samen in der Pfeife geplatzt sind." Aus Sicht der Marihuana-Fans widerspricht das strenge Verbot den Freiheitsrechten. Sie argumentieren: Jeder soll selbst entscheiden, was er seinem Körper antut. Außerdem ziehe die Entkriminalisierung Kiffer vom Schwarzmarkt weg, wo der Dealer auch harte Drogen parat hält.
Das Abhängigkeitspotenzial unterschätzen die Hanffreunde aber nicht. Ein guter Jugendschutz sei wichtig - Minderjährige sollten keinesfalls Zugang zu dem "Grünen" haben. Ein Vorschlag der Aktivisten: Die Aufklärungsarbeit könnte von Steuern finanziert werden.
Wagen die beiden Hanffreunde einen Blick in die Kristallkugel? "Ich schätze, in rund zehn Jahren wird es legalisiert", meint Tim. Dass die Deutschen dann nur noch mit Sportzigarette unterwegs sein werden, bezweifeln die beiden: "International zeigt sich: Die Rechtslage hat fast keinen Einfluss auf die Konsumentenzahl", erklärt Tim. Bis es so weit ist, kifft der 30-Jährige eben illegal weiter und hofft. Die Farbe der Hoffnung ist schließlich grün.