Durchschnittlich einmal pro Woche rückt die Kantonspolizei aus, um
einem Hanfgärtner das Handwerk zu legen. Die Aktionen richten sich meist
gegen Indoor-Anlagen, in denen illegal [lexicon]Cannabis[/lexicon] angebaut wird. Für die
Besitzer endet ein Versteckspiel.
Der Einfallsreichtum kennt fast keine
Grenzen. Indoor-Hanfanlagen findet die Polizei in Hallen von
stillgelegten Fabriken oder in Industriegebäuden. Doch es gibt sie auch
in unauffälligen Privatwohnungen, in denen ein Zimmer als Treibhaus
zweckentfremdet wurde. Für die Betreiber kann eine Anlage lukrativ sein,
wenn sie sich einen Kundenstamm aufgebaut haben. Ferdinand Grob von der
Kantonspolizei Zürich hat schon Indoor-Plantagen gesehen, die mit
Alarmanlagen gegen Einbrecher geschützt waren. In einem anderen Fall
sollte eine Panzertüre ungebetene Gäste fernhalten. Einmal war der Raum
mit den Hanfpflanzen so gut getarnt, dass ihn die Polizisten erst nach
einigem Suchen fanden. Denn wer vermutet auf den ersten Blick hinter
einem wuchtigen Kleiderschrank schon eine Türe?
Auffälliger Geruch
Auf
die Schliche kommt die Kantonspolizei illegal tätigen Hanfbauern, die
[lexicon]Cannabis[/lexicon] mit hohem THC-Gehalt züchten, entweder durch eigene
Ermittlungen oder durch Hinweise aus der Bevölkerung. Rund 50-mal im
Jahr, also fast jede Woche einmal, wird im Raum Zürich eine
Indoor-Hanfanlage ausgehoben. Aufmerksam werden Nachbarn häufig durch
den Geruch, der von den Pflanzen ausgeht, wie Grob sagt. Ein hoher
Strom- und Wasserverbrauch sei indessen eher selten ein Grund für einen
Hauswart, misstrauisch zu werden. Zwar verfügten die Indoor-Plantagen in
der Regel über ein aufwendiges Bewässerungs-, Belüftungs- und
Entlüftungssystem, und auch die Beleuchtung sei ausgeklügelt. Doch mit
dem Einsatz moderner Technik könne der Strom- und Wasserverbrauch in
Grenzen gehalten werden.
Die Kantonspolizei Zürich wertet die
Aktionen gegen Indoor-Hanfanlagen seit gut vier Jahren aus. Die Anzahl
der Razzien ist seither ungefähr stabil. Für die interne Erfassung
unterscheidet die Kantonspolizei zwischen Profi-, Gross-, Klein- und
Mini-Anlagen. Als Profi-Anlage wird eine Plantage mit mehr als 1000
Pflanzen bezeichnet, als Mini-Anlage eine mit weniger als 20 Stauden.
Weniger Risiko mit Satelliten
Laut
Grob beobachtet man einen Trend hin zu eher kleineren Anlagen. Der
Grund dürfte darin liegen, dass das Risiko für den Besitzer geringer
ist, wenn er mehrere kleine Plantagen anlegt. Wird eine grosse Anlage
entdeckt, verliert er alles auf einmal. Die Kantonspolizei spricht bei
vielen kleineren Plantagen von «Satellitenanlagen». Diese können in der
ganzen Schweiz verteilt sein.
Ossinger Hanfgärtnerei
So
richtig aufgekommen seien die Indoor-Plantagen erst vor einigen Jahren,
sagt Grob weiter. Vor rund zehn Jahren habe man es häufiger mit grossen
Outdoor-Anlagen mit Treibhäusern zu tun gehabt. Bekannt wurde 2002
beispielsweise die Hanfgärtnerei in Ossingen, wo die Kantonspolizei in
einer Aktion über 40 000 Hanfstecklinge und 15 000 Hanfpflanzen
sicherstellte. Die Razzia wurde aufgrund von Erkenntnissen durchgeführt,
wonach aus dem Ossinger Gärtnereibetrieb Stecklinge und Hanfpflanzen
mit einem hohen THC-Gehalt in den Verkauf gelangt waren.
Typisch
für die heutige Zeit ist dagegen ein Fall aus Birmensdorf, der im
Februar publik wurde: In der Wohnung eines 37-jährigen Schweizers stiess
die Polizei in zwei Räumen auf eine Plantage mit rund 300 Pflanzen.
Neben diesen Pflanzen wurden über zwei Kilogramm konsumfertiges
[lexicon]Marihuana[/lexicon] sichergestellt. Der Betreiber wurde verhaftet.
Einkauf im Internet
Unter
den Besitzern von Indoor-Anlagen befinden sich laut Grob Kriminelle,
die als Banden agieren und das [lexicon]Cannabis[/lexicon] gewerbsmässig in den Handel
bringen und auch exportieren. Bei anderen Betreibern handelt es sich um
Einzelpersonen, die Hanf für den Eigenkonsum anbauen. Die Utensilien
dafür besorgen sie sich oftmals im Internet, wo unter dem Deckmantel
«Gartenbau» allerlei Nützliches angeboten wird. Was für das Züchten von
Tomaten, Basilikum und Oregano gut ist, ist auch für den Hanfanbau
recht.
[quelle]http://www.nzz.ch/aktuell/zueric…agen-1.18052903[/quelle]