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Der Cannabisseur gibt Kiffern die allerbesten Tipps
Jake Browne testet die Qualität von [lexicon]Cannabis[/lexicon] - für die amerikanische Zeitung "Denver Post" raucht er Gras und schreibt Bewertungen. Wie sieht ein Arbeitsalltag aus, wenn man beruflich kifft?
Jake Browne hat eine stressige Woche hinter sich. Gerade ist er aus Amsterdam zurückgekehrt, dort war er als Preisrichter des jährlichen "[lexicon]Cannabis[/lexicon] Cups" engagiert. Auf seinem Schreibtisch stapelt sich die Arbeit, neben Notizblöcken und Briefen: Tütchen mit Marihuana-Proben. Browne ist Cannabis-Kritiker für die neunfach mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete "Denver Post". Er ist der erste Pot-Tester der Welt – also gewissermaßen ein Gras-Sommelier oder Cannabisseur. Seit dem 1. Januar 2014 ist [lexicon]Cannabis[/lexicon] im amerikanischen Colorado eine legale Droge. Um die Genuss-Pflanze hat sich ein florierender Markt entwickelt, die Hauptstadt des Bundesstaats Denver ist das neue Mekka der Kiffer. Jake Browne kennt den Markt und die Droge wie kein Zweiter. Seine Berichte lesen sich wie eine gute Restaurantkritik ohne ihren ganz eigenen Kiffer-Charme zu verlieren.
ICON: Herr Browne, wie gut ist das Gras in Amsterdam?
Jake Browne: Ich war das erste Mal dort und musste natürlich die Amsterdamer Spezialität "Northern Light" testen. Ich kann Ihnen sagen, es ist gut, aber Sie werden in Denver besseres [lexicon]Cannabis[/lexicon] bekommen. Die Produktion in Colorado ist momentan einfach außer
Konkurrenz. Ich war insgesamt enttäuscht von der Marihuana-Qualität in Amsterdam.
ICON: Wie sind Sie in die Position gekommen, das beurteilen zu können?
Browne: Meine "Medical Card" habe ich bereits seit der High School, wegen Migräne und allgemeinen Schmerzen habe ich also schon lange Zeit Zugriff auf medizinisches [lexicon]Marihuana[/lexicon] (Browne lacht, es ist gemeinhin bekannt, dass die "Medical Cards", die einen legalen Zugang zu medizinischem [lexicon]Cannabis[/lexicon] ermöglichen, relativ leicht zu bekommen sind). Und dann kam ich eher zufällig auf diesen "Feinschmecker"-Trip. Angefangen hat es, als einer meiner besten Freunde aus der Universität eine Abgabestelle für medizinisches [lexicon]Marihuana[/lexicon] eröffnete. Ich arbeitete dort als Buchhalter. Das war noch ganz früh, Patienten wurden mit dem Vornamen angeredet, und wenn "Marc" gekommen ist, dann hat "Marc" halt sein Weed bekommen (lacht).
ICON: Wie lange haben Sie in der Branche gearbeitet?
Browne: Vier Jahre und das bei drei unterschiedlichen Vergabestellen in ungefähr jeder Position. Hauptsächlich war ich dann für den Einkauf zuständig, und dort habe ich quasi meinen jetzigen Beruf erlernt. Naja, auf jeden Fall gab es irgendwann Lizenzprobleme, und Leute mussten gehen – ich nahm mir eine Pause und begann mit dem Schreiben. Zuerst schrieb ich für ein Marihuana-Magazin namens "Culture", und von dort aus kam ich zur "Denver Post".
ICON: Rauchen Sie jeden Tag Gras?
Browne: Nein. Ich rauche zwei- bis dreimal in der Woche. Es ist mir wichtig, mein Toleranz-Level relativ niedrig zu halten, damit meine "Test-Highs" und Reviews auch Menschen helfen, die nach zehn Jahren wieder einen Joint in der Hand haben.
ICON: Was machen Sie denn dann den ganzen Tag?
Browne: Zu einer Cannabis-Kritik gehört ja nicht bloß der Rausch, ich verwende circa zwei Arbeitstage mit der Recherche nach neuen Sorten und dem "Abgrasen" der Pot-Shops hier in Denver. Es ist nicht so leicht, immer wieder neue Cannabissorten zu finden – sie dürfen
nicht zu speziell sein, denn ich will, dass meine Reviews auch Menschen in anderen Staaten helfen. Und dann teste ich ja auch noch essbare Cannabis-Produkte.
ICON: Wie gehen Sie denn bei einem Test und der Bewertung von Marihuana-Sorten vor?
Browne: Bevor ich das Gras rauche, setze ich mich mit dem Produktionsprozess auseinander. Wie fühlt sich die Blüte an, wurde sie ordentlich geschnitten, am besten mit der Hand und dann auch lang genug getrocknet? Dann geht es um das Aussehen und den Geruch. Wie sind die Kristalle angeordnet? Wie groß sind sie, und welche Farbe setzt sich durch? Wie riecht die Blüte? Hoffentlich nicht moorig oder nach Resten von Chemikalien. Erst dann geht es um das Rauchgefühl und das High.
ICON: Okay, und wie rauchen Sie Ihr [lexicon]Cannabis[/lexicon] am liebsten?
Browne: Meistens benutze ich eine Glaspfeife, da habe ich das authentischste Erlebnis. Der erste Zug ist wichtig. Wie brennt das Gras, was ist der erste Geschmack, wie riecht der Rauch, und wie fühlt sich der Initialeffekt an? Während ich rauche, mache ich mir Notizen, den Review schreibe ich meistens am nächsten Tag. Mit dem ersten Zug ist es ja nicht vorbei, wichtig für meinen Bericht ist auch das etwas langfristige Gefühl des Highs. Wie stark ist das Hungergefühl, fühle ich mich euphorisch oder eher entspannt, kommt es zu Paranoia?
ICON: Apropos Paranoia, was war Ihr schlimmstes Erlebnis mit Cannabis?
Browne: Das war noch während meiner Anfangszeit bei der Vergabestelle meines Freundes. Damals sollte ich essbare Cannabis-Produkte herstellen, und ich versuchte mich an Cookies. Natürlich verschätzte ich mich brutal bei den Zugabemengen, und nachdem einer meiner Freunde nur noch über der Toilette hing und ich schreckliche Angstzustände bekam, mussten wir den Laden für den Tag schließen.
ICON: Und Ihr schönstes Erlebnis?
Browne: Der Kontakt mit den Patienten war schön. Oft kamen Menschen, die alles ausprobiert hatten und für die [lexicon]Marihuana[/lexicon] die letzte Hoffnung auf Schmerzlinderung war. Eine alte Dame ist mir immer noch in Erinnerung: Sie hatte mit Schmerzen und mit der Angst vor dem Tod zu kämpfen. [lexicon]Cannabis[/lexicon] hat ihr geholfen, auch wenn es nicht ihren Tod verhindern konnte. An sich gibt es ja immer einen Grund, Drogen zu nehmen. Auch wenn sich jemand dazu entscheidet, zur Entspannung zu kiffen, tut er das nicht unbedingt ausschließlich um des Kiffens willen. Er möchte vielleicht nach einem stressigen Tag abschalten oder Alltagsängste ausblenden – das ist ähnlich wie mit dem Feierabendbier.
ICON: Wen trifft man in den Pot-Shops in Denver?
Browne: Alle. Es ist interessant zu sehen, wie sich die ehemalige Subkultur entwickelt hat. Es sind nicht mehr nur die typischen "blue collar"-Arbeiter, die [lexicon]Cannabis[/lexicon] konsumieren. Es sind inzwischen mindestens genauso viele Anzugträger, die [lexicon]Marihuana[/lexicon] kaufen. Ich glaube, es gibt in Denver inzwischen mehr Pot-Shops als Starbucks-Kaffees – das gefällt mir.
ICON: Wohin führt das?
Browne: [lexicon]Cannabis[/lexicon] wird zur Industrie, daran lässt sich nicht rütteln Das sieht man hier an jeder Ecke. Es gibt Orchester, die von Cannabis-Marken gesponsert werden oder Kunstklassen für Kiffer. Es ist absurd, witzig und unheimlich spannend.
ICON: Was rauchen Sie denn am liebsten?
Browne: Das kommt drauf an. Wenn ich mir ein kreatives, euphorisches High wünsche, rauche ich "Super Lemon Haze". Vor dem Schlafengehen greife ich dann eher zu "Bubba Cush", und wenn ich an einem schönen Herbsttag mittags spazieren gehen möchte, um die Natur zu genießen, dann wähle ich "Blue Dream".
ICON: Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit von der eines Sommeliers?
Browne: Witzig, dass Sie das fragen. Gestern Abend hatte ich einen Freund, einen Sommelier, zu Gast, und wir haben lange darüber diskutiert. Zu einem Ergebnis sind wir nicht gekommen. Trotzdem haben wir herausgefunden, dass meine Arbeit ähnliche Fähigkeiten voraussetzt. Auch ich brauche einen überdurchschnittlichen Geschmackssinn und viel Wissen über den gesamten Herstellungsprozess und die Branche. Auf der anderen Seite haben Sommeliers eine lange Historie und sind gesellschaftlich anerkannt. Aber Sie gehen ja nicht in ein Restaurant und sagen: "Für mich einen Wein!". Genauso wenig werden Sie einfach irgendein Kraut rauchen.
Quelle:
http://www.welt.de/icon/article135052650/Der-Cannabisseur-gibt-Kiffern-die-allerbesten-Tipps.html#
Chill out. hemp_blatt