Grüne in MV für Cannabis-Besitz ohne StrafeBei Mengen bis zehn Gramm soll die Justiz wegsehen. Ministerin Kuder ist strikt dagegen. Mediziner halten eine Legalisierung von Cannabis für überfällig.
Schwerin. Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern wollen den Besitz von bis zu zehn Gramm Cannabis faktisch legalisieren. Einen entsprechenden Antrag bringt die Fraktion in den Schweriner Landtag ein. Auf diese Weise solle auch die Polizei entlastet werden.
Wer heute im Nordosten mit Cannabisprodukten wie Haschisch oder Marihuana erwischt wird, dem droht eine Strafe. Ein festgelegte Grenze von geduldeten „geringen Mengen“ wie in anderen Bundesländern gibt es hierzulande nicht. „Der Besitz ist immer strafbar“, erklärt Tilo Stolpe, Sprecher des Justizministeriums. In vielen anderen Ländern dagegen wird über den Besitz von Cannabis zum Eigenkonsum von bis zu sechs beziehungsweise zehn Gramm hinweggesehen. In Berlin sind es sogar bis zu 15 Gramm.„Wir stehen für eine Legalisierung von Cannabis unter strengen Vorschriften“, sagt Johannes Saalfeld, Landtagsabgeordneter der Grünen. Das Land möge sich auf Bundesebene dafür einsetzen. Selbst regeln könnte das Land die Strafverfolgung bei Besitz von Marihuana und Co. per Verordnung. Polizei und Staatsanwaltschaft sollten bei kleinen Fischen nur das Nötigste tun, auf Hausdurchsuchungen, Zeugenvernehmungen oder aufwändige Untersuchungen verzichten. In den meisten Fällen würden die Ermittlungen sowieso eingestellt. Saalfeld: „Diese unsinnige Bürokratie auf dem Rücken der Polizei können wir allen ersparen.“
Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) lehnt eine Aufweichung des Verbots ab. „Daran wird nicht gerüttelt. Das wäre ein fatales Signal an Kinder und Jugendliche, wenn der erste Kontakt in die Drogenwelt unter legalen Voraussetzungen stattfinden würde.“Für verlogen halten Mediziner die politische Diskussion über Cannabis. Grund: Alkohol sei giftig, töte jährlich 74000 Menschen in Deutschland. „Bei Cannabis gibt es nicht einen Todesfall weltweit“, sagt Dr. Gernot Rücker, Drogenexperte an der Universitätsmedizin Rostock. Und: Die deutsche „Leitdroge Alkohol öffnet Tür und Tor für Kriminalität“.
Cannabis dagegen sei „eine Chill-out-Droge“, so Rücker. Sie wirke entspannend. Generell gebe es keine Einstiegsdroge, widerspricht Rücker. Dies sei seit langem wissenschaftlich erwiesen. Er und seine Kollegen untersuchen seit Jahren das Konsumverhalten im Freizeitbereich. Rücker ist sicher: „Legalisierung von Cannabis wird gesellschaftlich keine negativen Auswirkungen haben. Es wäre eine bessere Alternative als die Elendsdroge Alkohol.“
Quelle:
Ostsee-Zeitung