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"Anwohner und Dealer müssen ins Gespräch kommen"

  • Cannabis: "Anwohner und Dealer müssen ins Gespräch kommen"


    Samstag ist im Schanzenpark "Hanftag". Was hält Anke Mohnert von der Drogenberatungsstelle "Palette" von einem Coffeeshop in der Sternschanze? Die neue "Elbvertiefung"


    Von Mark Spörrle


    Guten Morgen,


    Küchensind die neuen Autos. Das verkündet stolz die Arbeitsgemeinschaft"Die moderne Küche". Wow! Können Kühlschrank, Spülmaschine und Mikrowelleendlich also nicht mehr nur elektronisch bemängeln, dass sie voll, leer oderkaputt sind, sondern auch zwecks Abhilfe selbst zum Supermarkt, dem Topfschrankoder in die Werkstatt rollen?


    Fast. Küchen seien insofern die neuen Autos, meinen dieKüchenhersteller, die eben einen Rekordumsatz einfuhren, als man gern mit ihnenrenommiere: "Die Küche ist das neue Statussymbol der Deutschen und hat das Autoein Stück weit abgelöst", so Kirk Mangels, Geschäftsführer derArbeitsgemeinschaft.


    Nachvollziehbar ist das schon. Küchen stinken weniger als Autos(meistens jedenfalls) und stehen nicht die allermeiste Zeit ihres Daseinsungenutzt herum.


    Andererseits: Sieht man sich in Hamburg um, scheint der Anteilderer, die mit Autos renommieren, nach wie vor recht hoch zu sein. Wasvielleicht daran liegt, welche Küchen sich derzeit als Statussymbol eignen:Die, bei denen Kücheund Wohnraum miteinander verschmelzen. Dafür, gestehen selbst Küchenexperten,"braucht es jedoch einen gewissen Platz und räumliche Voraussetzungen, die inMietwohnungen oft nicht gegeben sind".


    VieleMenschen also, die eigentlich gern ihre Küche vorzeigen würden, müssen sichErsatz suchen:


    Autossind die neuen Küchen.


    Legalize it!?


    Eine ganze Woche lang, vom 7. bis 13. Mai, wirbt der "CannabisSocial Club" für die Legalisierung der weichen Droge. Mit ihrerAktionswoche wollen die Aktivisten Druck aufbauen: Die rot-grünen Plänein Richtung Legalisierung liegen auf Eis, entsprechende Ankündigungen währendder Koalitionsverhandlungen vor einem Jahr blieben folgenlos. Am Samstag wird derinzwischen vierte "Hanftag" im Schanzenpark gefeiert – eben dort, wo seitJahren offen gedealt wird. Anwohner beschweren sich über die Dealerszene, diePolizei setzt auf verstärkte Kontrollen. Kann eine kontrollierteCannabis-Abgabe die Lage im Viertel entschärfen?Wir sprachen mit Anke Mohnert,Geschäftsführerin der Drogenberatungsstelle "Palette".


    Frau Mohnert, in Berlin gibt es bereits das Modellprojekt einesbundesweit ersten Coffeeshops, auch in Hamburg wird diese Option immer wiederdiskutiert. Wäre das auch ein Konzept für die Sternschanze?


    Das halte ich für wenig sinnvoll. Cannabis wird in der Stadtohnehin von vielen Menschen offen konsumiert und ist überall verfügbar, in derSternschanze oder in St. Pauli riecht es an vielen Ecken nach Gras. EinCoffeeshop wäre zwar ein erster Schritt zur Entdämonisierung von Cannabis, dievöllige Legalisierung halte ich aber für notwendiger.


    In der Legalisierungsdebatte wird vor Cannabis alsEinstiegsdroge gewarnt.


    Das ist völliger Quatsch. Natürlich haben wir in derDrogenberatung auch mit Cannabis-Süchtigen zu tun, die nur noch kiffen und ihrLeben nicht mehr auf die Reihe bekommen. Doch solche Fälle sindeher selten, da liegt meist ohnehin ein ganzes Bündel anProblemlagen vor: Verschuldung, Wohnungslosigkeit, Beziehungsproblemeetwa. Nicht jeder, der Cannabis konsumiert, muss in die Drogenberatung.Wenn Menschen Probleme haben, kann alles zur Einstiegsdroge werden, sogarAlkohol.


    Schon jetzt beschweren sich Anwohner über die Dealerszene imFlorapark und im Schanzenpark. Wie empfinden sie die Lage vor Ort?


    Die Meinungen im Schanzenviertel sind geteilt, gerade im Sommerärgert es aber viele Anwohner, die Parks am Abend meiden zu müssen – weil dortoffensiv gedealt wird, Passanten recht offensiv angesprochen, manchmal von denDealern festgehalten werden. Dazu kommt, dass es oft schwarze Menschen sind,die Gras verkaufen, in der Debatte ist aus meiner Sicht häufig ein latenterRassismus spürbar.


    Wie könnte die Lage in der Schanze denn nun entschärftwerden?


    Anwohner und Dealer müssen miteinander ins Gespräch kommen, eingemeinsam ausgehandelter Verhaltenskodex wäre ein guter Ansatz. Darin würdefestgehalten, dass zu bestimmten Zeiten und auf bestimmten Plätzen, etwa in derNähe von Schulen und Kitas, nicht gedealt werden darf. Auch aggressiveAnsprachen von Passanten müssten unterlassen werden. Aufeinander zugehen,miteinander sprechen: Das würde mehr Erfolg bringen als Repressionen undVerbote.


    Innensenator Andy Grote setzt im Kampf gegen denDrogenhandel in der Sternschanze auf mehr Polizei.


    Das Problem sind nicht die Dealer, das Problem ist dieIllegalität der Drogen. Durch größere Polizeipräsenz werden Dealerei undDrogensum am Ende nur in andere Viertel verdrängt.


    Der Drogenhandel hat im Schanzenviertel und auf St. Pauli starkzugenommen, rund 80 Dealer sollen in ganz Hamburg mittlerweile unterwegssein. Wer sind diese Straßendealer? Wie viel Geld verdienen sie mit ihrenkleinen Tüten? Die ZEIT:Hamburg-Kollegen Alexander Tieg und Marc Widmann habenmit einem von ihnen gesprochen. Das Gespräch mit dem Dealer "John" könnensie hiernachlesen.


    Quelle:Cannabis: "Anwohner und Dealer müssen ins Gespräch kommen" | ZEIT ONLINE

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