Drogen sind in Europa weiter auf dem Vormarsch. Allerdings unterscheiden sich die nationalen Vorlieben drastisch. Das Comeback einer Substanz beunruhigt Experten.
Europa wird zu einem Drogenkontinent: Mehr als jeder vierte Europäer zwischen 15 und 64 Jahren hat schon einmal Drogen konsumiert, vor allem Cannabis und Kokain. In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl der gemeldeten Drogendelikte um 34 Prozent auf 1,6 Millionen. Und: Die Drogenproduzenten werden immer raffinierter. Sie versuchen mit neuen Substanzen bestehende Gesetze zu umgehen, die Fahnder auszutricksen und zugleich die Abhängigkeit der Konsumenten zu erhöhen.
Allein im Jahr 2015 kamen 98 neue, teilweise hochgiftige "psychoaktive Substanzen" auf den Markt, vor allem synthetische Cannabinoide. Junge Konsumenten fungieren womöglich unwissentlich als menschliche Versuchskaninchen für Substanzen, deren potenzielle Gesundheitsrisiken weitgehend unbekannt sind.
Neue Substanzen strömen auf den Markt
Der EU-Drogenbericht 2016, der die Entwicklung des Drogenkonsums und -marktes in Europa in den vergangenen zwei Jahren umfasst, zieht eine alarmierende Bilanz. Neue Substanzen, Stimulanzien, Heroin und andere Opioide würden "weiterhin in starkem Maße nachgefragt und angeboten, was erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit hat", so EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos.
Dabei werden die Methoden der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, die den Bericht erstellt hat, immer ausgefeilter: In Notaufnahmen werden Ärzte zur Behandlung von durch Drogen verursachten Krankheiten befragt. In den Kommunen werden die Abwässer aufwendig analysiert und auf Drogenrückstände hin untersucht. Dadurch liegen nun viel exaktere Ergebnisse vor.
Die Abwasseranalysen halfen beispielsweise, die EU-Städte mit dem höchsten Drogenkonsum zu ermitteln. Demnach sind Amsterdam, Antwerpen und London die Kokain-Hochburgen in Europa mit einem Verbrauch von täglich 500 bis 1000 mg je 1000 Einwohner. Amphetamine werden dagegen am meisten in Antwerpen, Helsinki und Zagreb konsumiert. In süd- und westeuropäischen Ländern wird - bedingt durch Einfuhrhäfen und Schmuggelrouten - mehr Kokain verbraucht; in Nord- und Osteuropa sind Amphetamine und Ecstasy beliebter.
Die hochgefährliche Modedroge Ecstasy ist insgesamt wieder auf dem Vormarsch. Zwischen 2005 und 2012 waren die Zahlen rückläufig, seitdem steigt der Verbrauch wieder an, zuletzt sogar deutlich. Insbesondere Bulgarien, Finnland, Frankreich und Großbritannien verzeichneten in der Vergangenheit einen deutlich höheren Ecstasy-Konsum. Neun von zwölf Ländern meldeten in neuen Erhebungen höhere Schätzungen des Ecstasy-Konsums unter jungen Erwachsenen als in vergleichbaren früheren Erhebungen.
Die beliebteste Droge bleibt Cannabis
Ecstasy sei mittlerweile keine "Nischendroge" mehr, sie würde heutzutage auch häufig in Bars und auf gewöhnlichen Partys konsumiert. Auch Kokain ist wieder im Kommen. 2,4 Millionen junge Erwachsene haben im vergangenen Jahr Kokain zu sich genommen. Der höchste Konsum wurde dabei im Urlaub, auf Partys und an Wochenenden registriert.
Die beliebteste Droge bleibt aber Cannabis: Fast jeder vierte Deutsche zwischen 15 und 64 Jahren hat schon einmal Cannabis zu sich genommen. Nach den letzten verfügbaren Zahlen werden in der EU pro Jahr illegale Drogen im Wert von rund 24,3 Milliarden Euro umgesetzt. 1,2 Millionen Menschen werden jährlich wegen Drogenkonsums behandelt, und 6800 Menschen sterben an einer Überdosis. Die Zahl der Drogentoten ist leicht angestiegen, vor allem in Irland, Litauen, Schweden und Großbritannien.
Quelle: Hochburgen von Cannabis, Ecstasy und Kokain: Der Drogen-Äquator geht quer durch Europa - N24.de