Das LKA Bremen hat die Fa. Udopea lange überwacht, unter dem Operationsnamen "Jubiläum". Telefonüberwachung, Bewegungsprofile firmeneigener Fahrzeuge per GPS, Peilsender, Überwachung der Kunden, das ganze Programm. Darüber wurde schon viel geschrieben.
Sehr interessant oder besser erschreckend ist allerdings, wie schnell und mit welchen Argumenten Hausdurchsuchungsbeschlüsse durch die Gerichte auf Antrag der Staatsanwaltschaften "durchgewunken" wurden.
Die über Art. 13 des Grundgesetzes geschützte "Unverletztlichkeit der Wohnung" verkommt in der Praxis zu einer Karrikatur, einer ignorierten und nicht richtig angewandten Pseudoschutznorm.
Als Beispiel dient hier der Fall einer Mandantin, die sich telefonisch bei Udopea nach einer [lexicon]Zeitschaltuhr[/lexicon] erkundigte bzw diese bestellte.
Dieses Gespräch wurde mitgehört und aufgezeichnet. Die Logik der Gerichte und Strafverfolgungsbehörden ist klar: Ein Allerweltsartikel,
der auch im Baumarkt, Elektrogroßhandel oder sonstwo gekauft werden kann, wird durch den Kauf in einem [lexicon]Growshop[/lexicon] zu einem typischen Anbauequipment", dies sei durch die kriminalistische Erfahrung (=Totschlagargument) ein klarer Fall. Wer sowas bestellt oder sich evtl nur danach erkundigt, kann sich darauf gefasst machen, dass die Tinte der Unterschrift des Richters unter dem Durchsuchungsbeschluss schneller getrocknet ist, als man sich das in unserem "Rechtsstaat" vorstellen kann.
Chronologisch lief das so ab:
1) Telefon überwacht 2) Anregung der Strafverfolgungsbehörden auf Erlass eines HD-Beschlusses an das Gericht 3) Erlass des Beschlusses des Gerichts ohne weitere Bedenken 4) Ablehnung meiner Beschwerde gegen die Durchsuchung durch das Landgericht mit
"interessanten" Argumenten (wer bei einem [lexicon]Growshop[/lexicon] kauft, ist verdächtig, BtM anzubauen).
Dass die Mandantin nach einem Umzug dann auch noch ebenso "deliktstypisch" den Stromanbieter gewechselt hat, macht Sie dann praktisch schon zur Täterin. Stromanbieterwechsel seien, so wird ausgeführt, eben das typische Verschleierungshandlungen von BtM-Deliquenten. Demnach macht sich jeder, dem mit einem solchen Wechsel aus welchen Gründen auch immer spekuliert schon mal verdächtig.
Man kann es leider nur wiederholen:
Wer bei einem [lexicon]Growshop[/lexicon] Anbauzubehör im weitesten Sinne (ich meine jetzt nicht nur "harte" Beweise für den Anbau wie [lexicon]NDL[/lexicon] Lampen, AKF´s, Steinwolle oder dergleichen) bestellt oder nur danach fragt und dann noch leichtsinnig genug ist, zuhause anzubauen, der lebt mit einem großen Risiko.
Telefonische Bestellungen oder anderweitig abhörbare bzw nachverfolgbare Anfragen (Mails, Facebook etc) sind zu unterlassen, will man es der Polizei nicht einfach machen. Die Landeskriminalämter ziehen bei der Überwachung alle Register, die bei den Verfahren gegen die organisierte Kriminaltität wie Hell´s Angels und Konsorten auch zum Einsatz kommen.
Man kann locker davon ausgehen, dass allein bei den Maßnahmen gegen Udopea mehr als 50 Beamte der Polizei über einen Zeitraum von einem Jahr involviert waren und noch sind.
Mir wurde berichtet, dass bei der Durchsuchung von Udopea ein Beamter gesichtet wurde, der ein paar Wochen vorher bei einem
Legalisierungstreffen auftauchte und auffällige Fragen stellte, wer den Grower sei und wer nicht. Verdeckte Ermittler nennt man sowas.
Die Crux an der Sache ist, dass selbst ein fehlerhafter Durchsuchungsbeschluss nicht automatisch die Unverwertbarkeit der bei der Hausdurchsuchung gefunden Beweismittel nach sich zieht. Das wissen die Staatsanwaltschaften und das weiß auch die Polizei. Auch
aus diesem Grund Anträge auf Durchsuchungen so schnell gestellt. Fehler und eher zurechtgezimmerte Vorwürfe (besser: Unterstellungen) wirken sich am Ende häufig eben nicht zugunsten der Betroffenen aus. Ist die Polizei erstmal in der Wohnung, ist meist
nicht mehr viel zu retten.
An dieser Stelle nochmals: Niemals, aber wirklich niemals die Polizei freiwillig in die Wohnung lassen, nichts unterschreiben, keine Aussage.
Wenn mit Beschluss gedroht oder vergegaukelt (=gelogen) wird, dass erdrückende Beweise vorlägen und ein Beschluss so oder so ergehen würde,immer eben auf diesen warten. Häufig versucht es die Polizei nämlich auf diesem Wege, wenn das Gericht gerade keinen HD-Beschluss erlassen hat. Bei einem meiner Mandanten war gerade dies der Fall. In dem Wissen, dass das Gericht kein Beschluss erlassen hat, wurde die Polizei auf Veranlassung durch den Staatsanwalt am Wohnort vorstellig mit dem Argument der Beweislage und dem Hinweis, wenn man nicht freiwillig hereingelassen werde, sei ein Beschluss in 15 Minuten da. Der Mandant hat die Polizei reingelassen und es wurden 3 KG [lexicon]Cannabis[/lexicon] gefunden.
Zwar gibt es Richter, die das Recht aus Art. 13 GG noch respektieren und eher zurückhaltend sind mit der Unterschrift unter solch einen
Beschluss, aber generell dürften die Hardliner oder eher unbedachten Vertreter dieses Berufstandes in der Mehrheit sein, jedenfalls was das Thema BtM angeht.
City