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Steuerberater wollte Bauchschmerzen mit Cannabis kurierenCannabis-Konsumenten sehen nicht immer wie Bob Marley aus. So hat sich ein Steuerberater aus dem Landkreis Freising eine eigene Hanfplantage angelegt. Nach dem Urteil des Gerichts steht die Karriere des Familienvaters auf der Kippe.
Dunkler Anzug, weißes Hemd und Krawatte. Dazu ein akkurater, braver Kurzhaarschnitt. In der Hand trägt er eine Aktentasche. So betritt der 36-Jährige den Sitzungssaal 1 des Freisinger Amtsgerichts. Er sieht aus wie ein Steuerberater. Er ist ein Steuerberater. Aber nicht nur das. Auch wenn er mit seiner "vernünftigen und umgänglichen Art im Vergleich zu anderen Plantagenbesitzern aus der Rolle fällt", wie sein Verteidiger sagt, ist er eben genau das gewesen: ein Plantagenbesitzer.
Weil der verheiratete, zweifache Familienvater aus dem Landkreis in seiner Wohnung 39 Cannabispflanzen groß gezogen hat - zu medizinischen Zwecken, wie er sagt - und bei einer Durchsuchung im vergangenen Dezember mehrere Hundert Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 36,7 Gramm dort gefunden worden sind, musste er sich am Dienstag vor Gericht verantworten. Vorsitzender Richter Manfred Kastlmeier und seine beiden Schöffen verurteilten den 36-Jährigen wegen unerlaubten Drogenbesitzes in nicht geringer Menge zu einem Jahr Freiheitsstrafe, das zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss sich der Angeklagte regelmäßig Drogentest unterziehen und eine Geldauflage von 5000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.
"Ich wusste nicht mehr ein noch aus, ich hatte Todesangst"
Der Angeklagte legt in der Verhandlung ein umfangreiches Geständnis ab. Er habe seit dem Jahr 2013 an starken Bauschmerzen gelitten, deren Ursache nicht habe geklärt werden können, erzählt er. Das belegt er mit einem ärztlichen Attest, das er dem Gericht vorlegt. Er habe durch die gesundheitlichen Probleme von 90 auf 58 Kilogramm abgenommen "und ich hatte solche Schmerzen, dass ich meinen kleinen Sohn nicht mehr hochheben konnte", schildert der 36-Jährige seine damalige Situation: "Ich wusste nicht mehr ein noch aus, ich hatte Todesangst." Linderung versprach er sich von dem Cannabis, das er schließlich in einem versperrten Zimmer in der Wohnung selbst anbaute.
Mit 17 Jahren hatte er erstmals Kontakt mit Marihuana und durchlebte "in der Jugend eine Phase, in der ich konsumiert habe", berichtet der Angeklagte. Aber danach habe er keine Drogen mehr genommen. Dass er Jahre später, als berufstätiger, mitten im Leben stehender Familienvater damit begann, selbst Gras anzubauen, sei hauptsächlich auf die Krankheit zurückzuführen. "Ich wollte Cannabis züchten, das möglichst wenig Rausch und möglichst viel Schmerzlinderung und Entzündungshemmung verursacht", erzählt er.
Der Angeklagte bestellte eine "Profi-Aufzuchtanlage"
Für den Anbau der Pflanzen bestellte er bei einem Shop spezielles Zubehör, etwa mehrere Aufzuchtlampen, und richtete sich laut Staatsanwältin eine "Profi-Aufzuchtanlage" mit Kabinen und Entlüftungsanlage ein. Die Firma, bei der er alles bestellte, "war ein ganz normaler Versandhandel, das war leichter als bei Quelle", beteuert der 36-Jährige. So ganz normal war die Firma offenbar aber nicht. Jedenfalls durchsuchte die Polizei die Geschäftsräume und landete über die sichergestellten Kundenlisten beim Angeklagten.
Der lebt, wie Testergebnisse beweisen, mittlerweile drogenfrei. Der Diplom-Betriebswirt bezeichnet seine Tat als "riesengroßen Blödsinn" und gibt sich zerknirscht. Seine Krankheit habe er durch die Umstellung der Ernährung in den Griff bekommen. Aber seine Karriere als Steuerberater steht auf der Kippe, weil ihm bei einer Strafe ab einem Jahr der Titel entzogen werden kann. Deshalb beantragt der Verteidiger, der von einem minder schweren Fall des Drogenbesitzes ausgeht, in seinem Plädoyer elf Monate auf Bewährung. Ein minder schwerer Fall liege, auch wegen des hohen Wirkstoffgehalts, nicht vor, sagt der Richter in seiner Urteilsbegründung. Dass der Angeklagte vielleicht seine Zulassung als Steuerberater verliert, "ist sein Problem, auch wenn es zynisch klingt. Ein LKW-Fahrer, der betrunken fährt, weiß auch, dass er seinen Führerschein für seinen Job braucht".
Quelle:
SDZ