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Rot-Grün verwirft Cannabis-Experiment im Schanzenviertel
Das Modell-Projekt für legalisierte Abgabe von Cannabis ist vom Tisch - vorerst. Rot-Grün nennt Voraussetzungen für erneute Prüfung.Hamburg. Das im rot-grünen Koalitionsvertrag angedachte Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis ist vom Tisch. Die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Grünen begründeten ihren Rückzug am Freitag in Hamburg mit zu hohen rechtlichen Hürden.
Beide kündigten jedoch an, diese Position noch einmal neu zu überdenken, sobald das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Antrag einer anderen Stadt genehmigen würde.
Christiane Blömeke, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion, sagte dazu: "Wir werden uns weiterhin bundesweit für die Einführung von Modellprojekten zur legalen und kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene einsetzen.In Hamburg würden wir gerne prüfen, ob durch eine regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene der Gesundheits- und Jugendschutz verbessert werden kann."
Die Grünen hätten erkannt, dass sich "ein solches Modell-Projekt durch die derzeitige Gesetzesauslegung und Bewilligungspraxis des zuständigen Bundesinstituts nur schwer realisieren lässt. Sollte sich diese Situation ändern, werden wir die Diskussion um ein Hamburger Modellprojekt weiter führen."Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD und Grüne darauf verständigt, ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an namentlich bekannte Erwachsene zu prüfen. Ziel eines solchen Projektes sei es, den Cannabis-Konsum zu reduzieren und Suchtkranke aus der Abhängigkeit herauszuführen, hieß es in einer Mitteilung der Grünen Bürgerschaftsfraktion.
Aus in Berlin hat auch Hamburg beeinflusst
Anfang Oktober war bereits ein ähnliches Projekt des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg gescheitert. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte lehnte den Antrag des Berliner Bezirksamtes ab. Er sei weder zulässig noch begründet, hieß es den Angaben zufolge in der Entscheidung. Der Antrag sei vor allem mit dem Jugend- und Verbraucherschutz begründet worden.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Sylvia Wowretzko, nahm auf den Berliner Fall bezug: "Der Ablehnungsbescheid zu einem vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg beantragten Modellprojekt hat deutlich gemacht, dass ein Projekt zum Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht genehmigungsfähig wäre."Die SPD sei sich mit den Grünen aber einig, die medizinische Anwendung von Cannabis ausweiten zu wollen. Zudem solle die Bundesregierung aufgefordert werden, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, hieß es in der Mitteilung weiter.
Eine Schlappe ist der Beschluss vor allem für SPD und Grüne im Bezirk Altona. In der Bezirksversammlung hatten beide Bezirksfraktionen kürzlich einen solchen Versuch gerade beschlossen und den Senat um eine Umsetzung gebeten. Mit der Abgabe soll den Drogendealern in der Schanze die Geschäftsgrundlage entzogen und Konsumenten geschützt werden. Drogengeschäfte auf offener Straße stellen für viele Anwohner ein großes Ärgernis dar. Die Behörden konnten den Handel bisher aber nicht eindämmen.
(dpa/lem/at)
Quelle:
Hamburger Abendblatt
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FDP fordert Abgabe von Cannabis - mit einem Trick
Ein Projekt zum kontrollierten Verkauf von Cannabis wurde in Hamburg vor kurzem zwar ad acta gelegt - doch nun hat die FDP einen neuen Antrag eingereicht. Dieser dürfte Rot-Grün bekannt vorkommen.Eine Woche, nachdem sich die rot-grüne Koalition gegen ein Cannabis-Modellprojekt in Hamburg ausgesprochen hat, gibt es einen neuen Vorstoß der FDP.
Fünf Abgeordnete der Bürgerschaftsfraktion fordern den Senat auf, sich auf Bundesebene für die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene einzusetzen.
Dass sich in der Bürgerschaft für den Antrag eine Mehrheit findet, ist zwar kurz nach der Koalitionsentscheidung unwahrscheinlich, den Freidemokraten geht es aber darum, mit dem Thema weiter in der Diskussion zu bleiben – und Rot-Grün an den eigenen Ideen zu messen.Dafür bedienen sie sich eines ungewöhnlichen Tricks: Ihre Drucksache entspricht nahezu wortgleich einem Antrag, den SPD und Grüne im Oktober in die Bezirksversammlung Altona eingebracht haben und der dort eine Mehrheit fand. Bereits damit wurde der Senat offiziell aufgefordert, einen Modellversuch voranzubringen. Doch in der Zwischenzeit – nach einer Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss – entschied sich die Koalition auf Landesebene dagegen. Der einzige Unterschied in den Anträgen ist nun: Die Freidemokraten legen sich nicht auf den Standort des Modellprojektes im Schanzenviertel fest.
Der FDP-Abgeordnete Wieland Schinnenburg betont, das Thema liege seiner Partei am Herzen. Es sei dringend erforderlich, in einem wissenschaftlichen Modellprojekt zu klären, ob eine kontrollierte Abgabe sinnvoll ist. Denn bei der Expertenanhörung wurde deutlich, dass es weltweit keine belastbaren Erkenntnisse gibt.
"Angesichts des steigenden Cannabis-Konsums müssen dringend neue Wege erprobt werden", so Schinnenburg. "Ich hoffe, Rot-Grün hat auf Landesebene ein Einsehen."Fortsetzung der Kampagne "Bleib stark! Bleib du selbst!"
Im Koalitionsvertrag vom Frühjahr hatten SPD und Grüne vereinbart, ein Modellprojekt zu prüfen. Ein Runder Tisch in der Sternschanze hatte sich genauso für das traditionell grüne Anliegen ausgesprochen wie die Altonaer SPD. Doch letztlich scheiterte die Idee an den Sozialdemokraten um Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Hintergrund war die Ablehnung eines ähnlichen Antrags des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).Erst wenn das BfArM einen Antrag einer anderen Stadt genehmigt, will sich die Hamburger Koalition wieder mit dem Thema befassen. Zudem verkündete Prüfer-Storcks nun die Fortsetzung der Präventionskampagne "Bleib stark! Bleib du selbst!", die Jugendliche vom Kiffen abhalten soll - "ohne erhobenen Zeigefinger", so die Senatorin. Von diesem Montag an können junge Hamburger zwischen 14 und 21 Jahren mehrere Monate lang online oder auf Postkarten Statements zum Thema "Cannabis und du" abgeben und Preise gewinnen.
Die Grünen fügen sich der politischen Linie zähneknirschend. Man nehme zur Kenntnis, dass sich ein Modellprojekt zurzeit schwer realisieren lasse. FDP-Mann Schinnenburg kommentiert: "Leider haben die Grünen zweimal versagt: Zunächst hat die grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin einen dilettantischen Antrag auf Durchführung eines solchen Modellprojektes ohne wissenschaftliche Begleitung gestellt und es so dem Bundesinstitut leicht gemacht, einen ablehnenden Bescheid zu erlassen. Und nun können sich die Grünen nicht gegen die SPD durchsetzen."
Der Altonaer Antragstext ist nach Schinnenburgs Ansicht deutlich besser als der Berliner, da beispielsweise die wissenschaftliche Begleitung genau beschrieben wird. Schinnenburg: "Wir wollen den Grünen und vor allem den Drogensüchtigen helfen."
Quelle:
Welt.de