Das Immunsystem von Pflanzen
Von: Steve Davis
Quelle: grow.de
Ausgabe/Ressort: Archiv, Growing, 06-02
Die Welt von Pflanzen und Menschen ist eine Welt von Angriff und Verteidigung, besonders auf dem mikrobiellen Ebene, wo winzige Organismen versuchen, größere als Wirt und Nahrung zu nutzen.
Der menschliche Körper verteidigt sich mit zwei verschiedenen Abwehrstrategien, wenn er von Erregern angegriffen wird. Die ersten Verteidigungsmaßnahmen beginnen sofort, wenn der Körper eine Bedrohung registriert, z.B. wenn Krankheitserreger durch eine Wunde in den Körper gelangen könnten. Dies wird als Eigenimmunreaktion bezeichnet.
Nach der Eigenimmunreaktion, die in der Regel so aussieht, dass der Körper versucht, die Krankheitserreger von der Blutbahn fern zu halten und so ein unkontrolliertes ausbreiten zu verhindern, tritt die zweite, noch viel komplexere Immunreaktion ein, die als „adaptives Immunreaktion“ bezeichnet wird. Das Adaptive Immunsystem versucht nicht nur die Erreger zu isolieren, es erzeugt eine Ganz-Körperreaktion, um mit dieser koordinierten Antwort – inklusive Antikörpern und weiterer Abwehr-Strategien – entsprechend dem mikrobiellen Angriff entgegenwirken zu können.
Auch Pflanzten haben ein Immunsystem, dass auf Krankheitserreger und schädliche Insekten reagiert. Einige der Krankheitserreger, die das Immunsystem von Pflanzen bekämpft, sind spezielle Pilzarten. Cannabispflanzen sind anfällig gegen über 100 verschiedene Pilzarten, unter ihnen auch der gefürchtete „Botrytis cinerea“, der als Grauschimmel bekannt ist. Er ist in der Lage, die reifen Blüten zu befallen und so ganze Growräume innerhalb von 72 Stunden (oder weniger) komplett zu vernichten. Cannabis Stecklinge und Sämlinge sind besonders anfällig gegen den Pythiumpilz, der Samen befallen kann, noch bevor das [lexicon]Keimen[/lexicon] begonnen hat. Doch auch keimende und bereits bewurzelte Pflänzchen können betroffen sein.
Ein weiterer Pilz, der für Cannabispflanzen zur Gefahr werden kann, ist der „echte Mehltau“. Er produziert eine weiße, staubartige Substanz, die sich über die Blätter und Blüten der Pflanze legt und sie regelrecht erstickt, während die [lexicon]Nährstoffe[/lexicon] aus den Blättern entzogen werden. Cannabispflanzen können auch von Viren angegriffen werden und sind anfällig gegen verschiedene bösartige Bakterien.
Wenn eine Cannabispflanze von Pilzen, Bakterien oder Viren angegriffen wird, ergreift der Körper durch eine Eigenimmunreaktion die ersten Abwehrmaßnahmen. Es gibt quasi „Wachposten“, die das Eindringen von feindlichen Organismen innerhalb und außerhalb der Pflanzen überwachen und Alarm schlagen, wenn sie etwas verdächtiges bemerken. Ein Rezeptor auf der Zellmembran kann die „Beinchen“ der Erreger, die sie zur Fortbewegung brauchen, erkennen. Nachdem ein Krankheitserreger entdeckt wurde, laufen innerhalb der Zelle chemische Reaktionen ab, um sie auf die drohende Gefahr vorzubereiten. Die angegriffene Zelle wird eine Reihe von Reaktionen ausführen, die auch andere Zellen erreichen und alarmieren. Einige Reaktionen führen dazu, dass der [lexicon]pH-Wert[/lexicon] in der Pflanze verändert wird, oder Stickoxid und Proteine erzeugt werden, die die Krankheitserreger suchen und zerstören. Dabei kann aber auch die körpereigene Zellen selbst abgetötet werden. Diesen Vorgang bezeichnen Wissenschaftler als „programmierten Zelltot“.
Das Immunsystem einer Pflanze schützt sie vor für feindlichen Eindringlingen, die sich auf der Pflanzenoberfläche an Stiel und Blättern niederlassen, es bekämpft aber auch parasitäre Insekten. Es ist ein hoch entwickeltes System, dass darauf angewiesen ist, die möglichen Gefahren rechtzeitig zu erkennen. Ihre Feinde verändern sich ständig, und so kann es passieren, das Eindringlinge ungehindert an den Wächters des Immunsystems vorbeikommen.
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