ZitatAlles anzeigen50 Kilogramm Marihuana organisiert: Drogenvermittler sieht sich als "Gutmensch"
Bei der Kripo hatte er umfassend über die vierköpfige polnische Bande ausgepackt, für die er 50 Kilogramm Marihuana aus Tschechien organisiert hatte. Seinen Part allerdings will der 35-jährige Slowake aus Reisbach klein reden: Er habe nur ab und zu ein paar Gramm als Belohnung bekommen, beteuerte er am Freitag vor dem Landshuter Landgericht.
Den „Gutmenschen” nahm ihm allerdings Vorsitzender Richter Ralph Reiter angesichts sechsstelliger Summen, die bei den Deals im Spiel waren, nicht ab: „Sie binden uns einen Bären auf.” Wie bereits vor Wochenfrist im Rahmen eines Prozesses gegen einen 24-jährigen Dingolfinger Dealer, der für die polnische Bande als Bunkerhalter und „Läufer” u.a. mit dem Verkauf des Marihuana befasst war und inzwischen zu seiner Freiheitsstrafe von knapp vier Jahren verurteilt wurde, war die Bande Ende Januar letzten Jahres aufgeflogen. Damals hatten die Drogenfahnder der Landshuter Kripo einen 21-jährigen Landshuter im Visier, der sich in Dingolfing 500 Gramm Marihuana und 150 Gramm Amfetamin beschafft hatte.
Nachdem er auch seine Lieferanten benannte, wurde eine Telefonüberwachung installiert, bei der dann eine für den 4. Februar 2015 geplante Beschaffungsfahrt nach Tschechien aufflog. Bei ihrer Rückkehr konnten dann drei Polen im Alter zwischen 22 und 34 Jahren, eine 20-jährige Polin sowie der 24-jährige „Läufer” und last not least der 35-jährige Slowake, der die Stoffübergaben vermittelt hatte, festgenommen werden.
Wie ein Drogenfahnder vor der 6. Strafkammer berichtete, war die Beschaffungsfahrt, bei denen die Akteure mit teils hochpreisigen Fahrzeugen stets im Konvoi unterwegs gewesen seien, von Anfang bis Ende observiert worden. Neben vier Kilogramm Marihuana bester Qualität seien auch mehrere Mobiltelefone, ein Computer und über 10.000 Euro Drogengeld sichergestellt werden.
Der Slowake, so der Kripobeamte, habe nach und nach ein umfassendes Geständnis abgeliefert: „Ohne ihn wären nicht alle jetzt der Anklage zugrunde gelegten 19 Einkaufsfahrten mit insgesamt über 50 Kilo aufzuklären gewesen.” Außerdem habe er auch den tschechischen Hintermann „geliefert”: Der habe zwei Aufzuchtplantagen auf einem ehemaligen Bauernhof betrieben und sei inzwischen von den tschechischen Strafverfolgern verhaftet worden.
Dem Slowaken, der zuletzt als Staplerfahrer arbeitslos war, warf die Anklage 19 Fälle des illegalen Drogenhandels in nicht geringer Menge vor. Er habe den Einkauf „organisiert” und das „Gras” jeweils an der Grenze Zelesna Ruda/Bayerisch Eisenstein übergeben. Dabei, so die Anklage, habe er natürlich in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Bei den einzelnen Deals seien jeweils Mengen zwischen einem und vier Kilogramm übergeben worden.
Vor der 6. Strafkammer bestätigte der Slowake sein Geständnis weitgehend. Er sei, so berichtete er, 2013 in den Dingolfinger Raum gezogen, nachdem sich zuvor seine tschechische Lebensgefährtin und Mutter von Zwillingen von ihm getrennt habe. Gelernt habe er zwar Koch und Kellner, habe dann aber einen Job als Staplerfahrer im BMW-Werk bekommen, aber nach einem Unfall am Werk habe er dann auch einen der Polen kennen gelernt und sich mit ihm angefreundet.
Nachdem er selbst seit 20 Jahren Marihuana konsumiert habe, sei das Gespräch auch auf Drogen gekommen und sein Arbeitskollege habe ihn gefragt, ob er Mengen von einem Kilo aufwärts beschaffen könne. Da habe er Kontakt mit einem Mann in Prag aufgenommen und die Deals in die Wege geleitet. Er selbst, so der 35-Jährige habe so gut wie nicht davon profitiert, höchstens mal ein paar Gramm Gras „abstauben” können. Die Fahrten habe er auch zu Besuchen bei seinen Kindern genutzt.
Überzeugt sei er, nach deutschem Recht keine Straftat begangen. Ich habe bei den Übergaben nur gedolmetscht: „Ich bin kein Dealer.” Bestellt worden seien immer ein bis zwei Kilo zum Grammpreis von vier Euro. Verkauft worden sei das Marihuana dann später an eine Vielzahl von Zwischenhändler im Raum Dingolfing/Landshut für acht Euro pro Gramm.
Vorsitzender Richter Reiter machte dem Slowaken klar, dass er mit dem Herunterspielen seines Parts - soviel „Gutmensch” nehme man ihm nicht ab - sich seinen „Kronzeugenbonus” verscherzen könne; denn es sei nicht glaubwürdig, dass er von Geschäften, die insgesamt einen Umfang von 200.000 Euro gehabt hätten, nicht profitiert habe. Einer der Drogenfahnder berichtete, dass der 35-Jährige - wenn auch erst nach und nach - massiv zur Aufklärung beigetragen habe.
Der Prozess wird am Freitag, 12. Februar, fortgesetzt. Die vierköpfige polnische Bande hat sich dann ab 18. Februar vor der 1. Strafkammer des Landgerichts zu verantworten. Auch von ihrer Seite soll es Geständnisse geben.
Quelle: wochenblatt.de