Alles anzeigenDummheit schützt vor Strafe nicht
Gericht verurteilt 26-Jährigen wegen eines Drogengeschäfts.
Für den Richter und auch für den Rechtsanwalt des Angeklagten erschien der Fall klar: Der heute 26-Jährige war wohl nur der Geldgeber eines Drogengeschäfts. Er hatte einem Bekannten vor vier Jahren 5000 Euro gegeben. Der sollte damit in den Niederlanden ein Kilogramm Marihuana besorgen. Der Bekannte habe wohl nur nach einem "Dummen" mit viel Geld gesucht, vermuten Richter und Anwalt. Die Polizei schnappte den Bekannten auf dem Rückweg in den Landkreis mit rund 890 Gramm Marihuana in Hessen. Der heute 25 Jahre alte "Einkäufer" verriet den Angeklagten prompt, weswegen die Staatsanwaltschaft dem jungen Mann nun unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vorwarf. Er räumte die Vorwürfe ein, wollte das Marihuana aber für den Eigenverbrauch bestellt haben. Das Gericht glaubte ihm nicht und verurteilte ihn zu einer Bewährungsstrafe.
Der Angeklagte gab an, bei der Sache kaum überlegt zu haben. "Das war das Dümmste, was ich je gemacht habe." Er habe erst einen Monat zuvor angefangen, täglich Gras zu rauchen, einige Male auch mit dem Bekannten gemeinsam. Mit den 5000 Euro sollte der kaufen, wie viel er bekommen könne. Er wisse, das klinge seltsam. Doch konsumieren wollte er das Gras nur selbst. "Es sollte eine langfristige Investition sein." Ob er oder sein Bekannter Ideengeber für das Geschäft war, könne er nicht mehr beantworten.
Der Kriminalpolizei war der Bekannte des Angeklagten schon früher aufgefallen. Dem Kripo-Beamten zufolge wollte er das Preisgefälle für Marihuana zwischen den Niederlanden und Deutschland ausnutzen. Das Marihuana lasse sich in Süddeutschland für das Drei-bis Vierfache des Einkaufspreises verkaufen.
Der Bekannte wurde schon früher zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Jetzt äußerte er sich vor dem Amtsgericht als Zeuge. Er gab an, mit dem Angeklagten befreundet zu sein, mit ihm vier- bis fünfmal gemeinsam Gras geraucht zu haben. Er habe ihn über ein Kaufangebot für Marihuana informiert, das er selbst nicht habe finanzieren können, der andere habe aber Geld gehabt. "Ich habe gewusst, dass er flüssig ist". Der Staatsanwalt ging davon aus, dass der Angeklagte das Marihuana weiterkaufen wollte. Dafür spreche schon die beträchtliche Menge. Selbst bei täglichem Konsum hätte es Jahre gedauert, das Marihuana aufzurauchen. Weil der Mann nicht vorbestraft war, schlug der Staatsanwalt vor, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten zur Bewährung auszusetzen. Zusätzlich sollte der Angeklagte 3000 Euro als Auflage zahlen.
Der Rechtsanwalt räumte ein, sein Mandant werde wohl an einer Freiheitsstrafe wegen Handeltreiben von Betäubungsmitteln nicht vorbeikommen. Doch er sei dumm und naiv gewesen. Sein Bekannter habe sogar vor der Polizei ausgesagt, der Angeklagte sei "dumm wie die Nacht finster". Der Mann sei nur Geldgeber, nicht Drahtzieher gewesen.
Richter Helmut Berger bezweifelte die Eigenverbrauchsthese. Er wunderte sich, dass der Bekannte und der Angeklagte nur ein paar Mal gemeinsam Gras geraucht haben wollen und dann sofort von dem Kilogramm-Geschäft gesprochen worden sei. Er verurteilte den Mann, dessen Naivität ausgenutzt worden sei, wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten und 120 Sozialstunden. Letztere können in eine Geldstrafe umgewandelt werden. Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: sueddeutsche.de